Herforder Herbstgespräch: Herausforderungen und Chancen der Krankenhausreform
Im inspirierenden Ambiente des Marta Forums Herford diskutierten Expertinnen und Experten im Rahmen des Herforder Herbstgesprächs der Kreiskliniken Herford-Bünde über die Zukunft der stationären Versorgung in Deutschland.
Die Veranstaltung zeigte eindrucksvoll, wie facettenreich und kontrovers die Debatte um die Krankenhausreform geführt wird – und wie wichtig der offene Austausch zwischen Medizin, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft bleibt.
Professor Dr. Tom Bschor, Leiter der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung am Bundesministerium für Gesundheit, ordnete die anstehende Reform sachlich ein. Er erläuterte die geplanten Strukturveränderungen, die Einführung von Leistungsgruppen und Vorhaltevergütungen sowie die neuen Versorgungsstufen. Ziel sei eine qualitätsorientierte, verlässliche Krankenhauslandschaft – auch wenn dies mit Veränderungen und Konzentrationen verbunden sei.
Seine klare Botschaft: „Weniger ökonomischer Druck, mehr Versorgungssicherheit – und eine Planung, die sich am tatsächlichen Bedarf orientiert.“
Mit einem ethischen Kontrapunkt sprach Professor Dr. Giovanni Maio von der Universität Freiburg. In seinem leidenschaftlichen Plädoyer für eine menschlich orientierte Medizin forderte er, die Reform nicht allein durch eine ökonomische Brille zu betrachten: „Wir dürfen Medizin nicht auf Effizienz reduzieren. Beziehung, Zuwendung und Zeit sind keine Nebensachen – sie sind das Herz der Heilkunst.“
Er warnte davor, die Professionalität der Heilberufe durch Steuerungsmechanismen zu gefährden und plädierte für eine Reform, die der Begegnung zwischen Arzt und Patient wieder mehr Raum gibt.
Nahezu konträr dazu positionierte sich Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen, Finanzwissenschaftler und Direktor des Forschungszentrums Generationenverträge. Er wies auf die dramatische finanzielle Schieflage des Gesundheitssystems hin und forderte mehr Ehrlichkeit im Umgang mit begrenzten Ressourcen: „Wir leben auf dem kalten Stern der Knappheit. Die Nachhaltigkeitslücke in der Gesetzlichen Krankenversicherung beträgt rund 60 Prozent des BIP – wir müssen uns auf harte Realitäten einstellen.“
Mit seiner „Freiburger Agenda“ forderte er strukturelle Reformen, Selbstbeteiligungen und eine effizientere Mittelverwendung.
Die unterschiedlichen Sichtweisen der drei Referenten – analytisch, ethisch und ökonomisch – führten zu einer lebhaften, teils kontroversen, aber hoch konstruktiven Diskussion. Moderiert von Brigitte Büscher gelang es, die vielfältigen Perspektiven zu verbinden und das Publikum zum Mitdenken zu bewegen.
Musikalisch begleitet vom Streichquartett der Nordwestdeutschen Philharmonie bot der Abend einen eindrucksvollen Rahmen für einen offenen, respektvollen Dialog über die Zukunft der Krankenhausversorgung. Die Gäste zeigten sich begeistert von der inhaltlichen Tiefe und der klaren Haltung der Beteiligten.
Das Herforder Herbstgespräch 2025 machte deutlich: Die Reform der Krankenhauslandschaft ist kein rein technisches Projekt, sondern eine gesellschaftliche Aufgabe. Fortschritt braucht Haltung – und den Mut, unterschiedliche Positionen auszuhalten.