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Uroonkologisches Zentrum

Harnblasenkrebszentrum

Harnblasenkarzinom / Harnleiterkarzinom (Urothelkarzinome)

Epidemiologie und Ursachen:

Das Harnblasenkarzinom ist der zweithäufigste Krebs im Bereich der Harnwege. Männer sind deutlich häufiger betroffen als Frauen. Bis zum 75. Lebensjahr beträgt das Erkrankungsrisiko für Männer etwa 2-3%, für Frauen liegt es bei 0,5-1%. In Deutschland werden jährlich etwa 16.000 Neuerkrankungen diagnostiziert. Das durchschnittliche Alter bei der Diagnose liegt zwischen 73 und 75 Jahren, und weniger als 1% der Fälle treten bei Personen unter 40 Jahren auf.
Rauchen ist der wichtigste bekannte Risikofaktor für die Entwicklung von Harnblasenkrebs. Etwa die Hälfte der Fälle bei Männern und ein Drittel bei Frauen in Europa lassen sich darauf zurückführen. Es besteht eine klare Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen dem Rauchen und dem Risiko für Harnblasenkrebs, und Ex-Raucher haben ein höheres Rückfallrisiko nach der Behandlung als Nichtraucher.
Berufliche Expositionen, insbesondere zu bestimmten chemischen Substanzen wie aromatischen Aminen und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, können ebenfalls das Risiko erhöhen. Dazu gehören Berufe wie Chemiearbeiter, Lackierer, und Arbeiter in der Gummiverarbeitung oder Stahlindustrie.
Obwohl Männer häufiger erkranken, wird das Harnblasenkarzinom bei Frauen oft erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert, was mit einer schlechteren Prognose verbunden sein kann. Dies könnte auf unterschiedliche diagnostische Verfahren zurückzuführen sein, da bei Frauen häufiger eine Harnwegsinfektion als Ursache für Symptome wie Blut im Urin angenommen wird.
Es gibt kontroverse Ansichten darüber, ob eine erhöhte Flüssigkeitsaufnahme das Risiko für Harnblasenkrebs verringern kann. Studien zeigen keine klaren Zusammenhänge zwischen Kaffee- oder Alkoholkonsum und dem Risiko für diese Krebsart.
Zusammengefasst ist das Harnblasenkarzinom eine komplexe Erkrankung, bei der genetische, berufliche und Lebensstilfaktoren eine Rolle spielen können. Es ist wichtig, sich der Risikofaktoren bewusst zu sein und präventive Maßnahmen zu treffen, insbesondere Rauchverzicht und mögliche Reduktion beruflicher Expositionen.

Das Harnblasenkarzinom verursacht unterschiedliche Symptome, abhängig von seinem Stadium:

Oberflächliches Harnblasenkarzinom:

  • Hauptsymptom: Schmerzlose Hämaturie (Blut im Urin) tritt bei 85-90% der Patienten auf, oft intermittierend.
  • Gelegentlich auftretende Anzeichen von Blasenirritation wie vermehrter Harndrang, häufiges Wasserlassen und erschwerte Harnentleerung.

Zeichen des fortgeschrittenen Harnblasenkarzinoms:

  • Unterbauchtumor (tastbare Masse im Unterbauch)
  • Knochenschmerzen
  • Flankenschmerzen
  • Harnstau
  • Gewichtsverlust
  • Nachtschweiß
  • Labordiagnostik: Nachweis von (Mikro-)Hämaturie im Urinsediment, Urinzytologie, mögliche Anämie (Butarmut) und erhöhte Leberenzyme bei Metastasen.
  • Bildgebung: Sonographie der Harnblase und Nieren, CT oder MRT des oberen Harntrakts, Röntgenaufnahmen des Thorax zur Beurteilung von Metastasen.
  • Zystoskopie (Blasenspiegelung): Hauptuntersuchung zur direkten Sichtung und Biopsie verdächtiger Läsionen in der Harnblase. Transurethrale Resektion der Blase (TUR-B) zur Entnahme von Gewebeproben.
  • Photodynamische Diagnostik: Verbesserte Erkennung von Tumoren durch Fluoreszenz-Zystoskopie, besonders bei high-grade Tumoren oder multifokalen Läsionen.
  • Differentialdiagnose umfasst andere Ursachen für ähnliche Symptome wie Entzündungen, gutartige Tumoren der Blase, Bilharziose, oder das Eindringen von Tumoren aus benachbarten Organen.
  • Die Diagnose und Differenzialdiagnose des Harnblasenkarzinoms erfordert eine sorgfältige Untersuchung und eine Kombination verschiedener diagnostischer Verfahren, um eine genaue Beurteilung und geeignete Behandlungsstrategien zu ermöglichen.

Das Harnblasenkarzinom zeigt verschiedene Merkmale in Bezug auf seine Lage, Wachstumsmuster, und histologische Unterschiede:

  • Lokalisation und Wachstumsmuster: Das Karzinom tritt am häufigsten an der Seitenwand und Hinterwand der Harnblase auf. Es kann exophytisch (nach außen wachsend) oder flach beginnen und im fortgeschrittenen Stadium die Harnblasenmuskulatur infiltrieren oder benachbarte Organe betreffen.
  • Metastasierung: Lymphknotenmetastasen sind häufig im kleinen Becken lokalisiert. Die Wahrscheinlichkeit für Lymphknotenmetastasen steigt mit dem Tumorfortschritt.
  • Fernmetastasen: Typische Orte für Fernmetastasen sind Knochen, Leber, Lunge, Bauchfell und Gehirn, besonders ab einem fortgeschrittenen Stadium.
  • Histologie des Urothelkarzinoms: Über 95% der Harnblasenkarzinome sind Urothelkarzinome, die in infiltrative und nichtinvasive Typen unterteilt werden.
  • Seltene Karzinome: Plattenepithelkarzinome machen etwa 2% der Fälle aus, Adenokarzinome etwa 1%. Sehr selten sind kleinzellige Karzinome und weitere seltene Arten wie hepatoides Adenokarzinom oder Karzinoide.
  • Nichtepitheliale Tumoren: Diese umfassen gutartige Tumoren wie Leiomyome und Rhabdomyome sowie Sarkome und primäre maligne Lymphome, die in der Harnblase auftreten können.

Zusammengefasst zeigt das Harnblasenkarzinom eine komplexe Variabilität in Bezug auf seine Lokalisation, Wachstumsmuster und histologische Charakterisierung, was entscheidend für die Diagnose und Behandlung ist.

Die Therapie des Harnblasenkarzinoms richtet sich nach dem Stadium der Erkrankung und kann verschiedene Ansätze umfassen:

Oberflächliches Harnblasenkarzinom:

  • Transurethrale Resektion der Blase (TURB): Dies ist die initiale Behandlung für alle oberflächlichen Harnblasentumoren. Die komplette Entfernung des Tumors ist entscheidend.
  • Intravesikale Chemotherapie: Nach der TURB wird oft eine adjuvante intravesikale Chemotherapie durchgeführt, um das Risiko eines Rezidivs zu verringern. Mitomycin C ist eine häufig verwendete Substanz.
  • Bacillus Calmette-Guerin (BCG): Für Patienten mit einem oberflächlichen Harnblasenkarzinom mit mittlerem bis hohem Rezidivrisiko ist BCG eine effektive Option. BCG induziert eine lokale Immunantwort, die das Rezidivrisiko senken kann.

Lokal nicht beherrschbarer Tumor:

  • Wenn der Tumor lokal nicht kontrollierbar ist, wird eine radikale Zystektomie (Entfernung der Harnblase) erwogen, insbesondere bei fortgeschrittenen oder aggressiven Tumoren.

Muskelinvasives Harnblasenkarzinom:

  • Die Standardbehandlung ist die radikale Zystektomie. Dabei wird die gesamte Harnblase entfernt. Vor der Operation kann eine neoadjuvante Chemotherapie erwogen werden, um das Tumorvolumen zu reduzieren und die Chirurgie effektiver zu machen.
  • Nach der Operation können je nach Risikoprofil adjuvante Therapien wie Chemotherapie oder Immuntherapie erwogen werden.

Harnblasenkarzinom mit Fernmetastasen:

  • Bei Harnblasenkarzinomen, die sich bereits auf andere Organe ausgebreitet haben, wird oft eine systemische Behandlung angewendet. Dies kann eine Chemotherapie mit Cisplatin-haltigen Regimen oder Immuntherapien mit Checkpoint-Inhibitoren wie Pembrolizumab oder Atezolizumab umfassen.

Alternativen zur Zystektomie:

  • Bei Patienten mit einem hohen Operationsrisiko oder spezifischen Tumorcharakteristika können alternative Behandlungsmethoden erwogen werden, wie z.B. eine partielle Zystektomie, Radiochemotherapie oder Erhaltungstherapien.

Die Wahl der Therapie hängt stark von der Krankheitsstadium, dem Risikoprofil des Tumors sowie den individuellen gesundheitlichen Bedingungen und Präferenzen des Patienten ab. Die Entscheidung über die beste Therapie wird in einem multidisziplinären Team getroffen, das aus Urologen, Onkologen, Strahlentherapeuten und Pathologen besteht.

Regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen (Blasenspiegelungen, Urinzytologien, Schnittbildgebungen mittels CT oder MRT) sind entscheidend, um Rückfälle frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.